Die Gestaltung des Menschen in dessen Entstehung ist zweifelsohne ein Abbild Gottes, denn die Weisheit Gottes ist ein Urbild – eine Ikone – unseres HErrn Jesus vor seiner Menschwerdung. Zwar trugen die vor Christi Geburt Geborenen noch jene Last, welche aus der Trennung des Menschen von Gott in vielfacher Weise entstanden ist, doch bekamen sie die Gelegenheit der neuen Vereinigung mit Gott in der Erscheinung Emmanuels im Menschenfleisch.
Eva oder das Leben, ist die Natur des Leibes der Frau. Nicht der Samen des Mannes, sondern die Frucht einer Hebräerin brachte einen Hebräer zur Welt. Ebenso nicht der Samen eines Juden, sondern die Leibesfrucht einer Jüdin brachte den Juden in diese Welt. Die Weihe Aarons und dessen Salbung wurde nicht geerbt durch seinen Samen, sondern durch das Werk Gottes in der Aaronitin erneuerte sich die priesterliche Salbung als die Leibesfrucht, wie bei allen Levitinnen. Auch die Prophetinnen und Propheten waren die Frucht der Erweckung des Samens im mütterlichen Leibe – als die Geweihten und Begabten. Nicht nur die geweihten Priester, sondern auch die geweihten Propheten waren fähig, Brandopfer in gleicher Vollmacht an einem Altar darzubringen. Bei der Geburt Christi geschah aber etwas viel bedeutenderes – es erfüllte sich die Verheißung, dass die Leibesfrucht einer Frau dem Satan den Kopf zertreten wird. Also ist Maria nicht als Ehefrau Gottes schwanger geworden, sondern sie trug in sich diesen Samen, welchen der Heilige Geist aufweckte – und es geschah: Gott ist Mensch geworden, als Leibesfrucht einer reinen Jungfrau.
Eine Vermenschlichung Gottes hob die Weihe im Mutterleibe nicht auf, sondern vertiefte sie auf eine ganz besondere Art und Weise. Wie Gott Mensch wurde, so sollen die Anhänger dieses Gottes in der Vollendung vergöttlicht werden. Diese Vollendung hat ihre Quelle in der Verheißung des Hochzeitsmahls des Lammes, wenn die Kirche als die Braut Christi mit ihrem Haupt vermählt werden soll, wie das Wort Christi bei der Vermählung jedem Bräutigam in den Mund gelegt wird: „Ich begabe dich mit meinem Gut und füge dich meinem Stand zu!“ Und dann wird die Braut zur Frau Gottes, gemäß der Verheißung:
„An jenem Tag - Spruch des Herrn - wirst du zu mir sagen: Mein Mann! Ich traue dich mir an auf ewig; ich traue dich mir an um den Brautpreis von Gerechtigkeit und Recht, von Liebe und Erbarmen, ich traue dich mir an um den Brautpreis meiner Treue: Dann wirst du den Herrn erkennen.“ (Hos. 2, 18; 21f)
oder
„Und es kam einer von den sieben Engeln... Er sagte zu mir: Komm, ich will dir die Braut zeigen, die Frau des Lammes.“ (Off. 21, 9)
Das Verständnis der Vergöttlichung jedoch ist kein selbstverständliches Ereignis der Vollendung. Am kürzesten wurde diese Vergöttlichung beim 2. Vatikanischen Konzil in Rom betrachtet, nach welchem das Studieren und Betrachten der Heiligen Schriften der Bibel die Vergöttlichung schon jetzt anzusetzen vermag (Gaudium et spes, Pastoralkonstitution). Die Teilnahme an der Lectio Divina des Morgen- und Abendgebets der Kirche, bei den Byzantinern (Orthodoxen) besonders in der Beachtung des Gebotes des von Christus geforderten Dienstes der Nachtwache, bewirkt die Dimension der Vergöttlichung, wo der Same des Wortes Gottes, welches durch seinen Tod und Auferstehung die vielfältige Frucht brachte, auch in unseren Herzen sprossen wird, als die Frucht der Annahme der Menschheit in Gott – in der Vergöttlichung des vollendeten Menschen.
Deshalb vollenden wir auch die Adventszeit mit dem 4. Adventssonntag und lesen danach in den Tagen vor Weihnachten besondere Lesungen für die Lectio Divina, welche uns in der Menschwerdung Gottes auch unsere Annahme als Menschen in Gott nahelegen. Eine solche Vorbereitung macht uns fähig, den Christtag oder das Weihnachtsfest im Heiligen Geist zu betrachten, nicht nur als Erinnerung an das Vergangene, sondern als Feier der Vollendung, sowohl in der Menschengestalt Jesu als auch in unserer Erfahrung der Wiederkunft Christi.
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