Vor dem Opferakt des Brechens des geweihten Brotes, des eucharistischen Leibes unsres HErrn, entzünden wir ein Licht im Heiligtum. Sicherlich ist das Feuer dieser Lampe ein Symbol für sich, ein Zeichen unseres Glaubens für Gott – „Darum wollen wir dankbar sein, weil wir ein unerschütterliches Reich empfangen, und wollen Gott so dienen, wie es ihm gefällt, in ehrfürchtiger Scheu; denn unser Gott ist verzehrendes Feuer.“ (Hebr. 12, 28f)
Dieses besondere Feuer in unserem Dienst des Dankes (Eucharistie) soll unsere Aufmerksamkeit weniger auf die Sakramentslampe selbst, sondern vielmehr auf die Bedeutung des eucharistischen Sakramentes lenken. In den Opfergaben von Brot und Wein betrachten wir die ausgestreckte Hand Gottes, den HErrn Jesus Christus, durch welchen wir kraft seiner Fleischwerdung und Hingabe bis zum bitteren Kreuzestod ein unerschütterliches Reich empfangen haben, damit wir mit dem wahrhaftig gegenwärtigen Heiland Gott so dienen, wie es ihm gefällt. Es mag sein, dass einige in der Darbringung der Gaben des Hl. Abendmahls lediglich Zeichen sehen, welche sie verkosten und mit welchen sie des Todes Jesu gedenken. Manche sehen darin nichts sakramentales oder gar hochheiliges. Für uns ist es das Allerheiligste, und das Zeichen des Feuers weckt uns zu einem Gottesdienst in ehrfürchtiger Scheu.
Wir verbeugen uns und ehren im Sakrament die Erscheinung des Höchsten, die Einheit Gottes und seines Volkes – im wahren Gott und wahrhaftigen Menschen Christus. Es ist der Sinn des HErrn, in der Feier der Eucharistie statt Brot seinen Leib und statt des Kelches den Neuen Bund in seinem Blut zu erblicken. So ist die entzündete Lampe ein Sinnbild dessen, was wir in der hl. Eucharistie verrichten und welchen wir dabei verehren.
Die geschriebenen Worte in den hl. Schriften der Bibel wollen ebenso wie das Licht der Sakramentsleuchte verstanden werden. Sie weisen auf denjenigen hin, der sich durch diese Sinnbilder der Schriftzeichen offenbaren möchte. Und wie das Licht des Sakramentes soll man auch das Aufgeschriebene deuten. Denn solange diese Zeichen in schriftlicher Form vor uns liegen, weder ausgesprochen noch verkündigt, besagen sie eben soviel wie die Lampe, bevor sie brennt. Wenn man in die Bibel kurz reinschaut, um etwas zu lesen, ohne dabei den Sinn des HErrn, welcher der Sinn seines geheimnisvollen Leibes, der Kirche, ist, zu beachten, kann man das Gelesene falsch deuten, missverständlich und irreführend. Auch der Dämon zeigte seine Unvermögen trotz der ausgewiesenen Bibelkenntnis, als er in der Wüste nach den 40 Fastentagen Jesus prüfte: „Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, daß aus diesen Steinen Brot wird. Er aber antwortete: In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt. Darauf nahm ihn der Teufel mit sich in die Heilige Stadt, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich hinab; denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er, dich auf ihren Händen zu tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. Jesus antwortete ihm: In der Schrift heißt es auch: Du sollst den HErrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.“ (Mt. 4, 3-7)
Nicht die aufgezeichneten Bibelstellen sind Gottesoffenbarung, sondern nur jenes ausgesprochene Wort, das aus Gottes Mund kommt. Damit ist jene Verkündigung gemeint, welche in göttlicher Kraft erfolgt, wie die gebotene Handlung in der Eucharistie, wenn beim Einsetzungsbericht der Evangelien in der Kraft des Heiligen Geistes das Brot zum Leib Christi wird. Darum lesen wir die Worte der heiligen Schriften in ehrfürchtiger Scheu, weil der HErr der Gedanken die Worte zu Taten werden lässt! Und wie unsere eucharistische Opferfeier das Gebot des HErrn der Kirche erfüllt, so ist die Auslegung der Bibel jederzeit nur dann echt, wenn wir das Gebot befolgen: „Du sollst den HErrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.“ Diese Regel besagt, dass wir das Bibelwort so verkündigen sollen, wie wir dasselbe empfangen – geistlich und rein. Der Sinn der Schrift und der Wille unseres himmlischen Vaters ist nur dann klar und verständlich, wenn wir das Heilige suchen, dasselbe im Heiligen finden und es sodann heilig verkünden. Als Boten oder Engel des Höchsten sollen wir wahrgenommen werden, und weniger als Untergangspropheten, welche drohen und andere ängstigen.
Zu einem solchen Verständnis leitet uns auch die Epistel des 1. Sonntags Quadragesimä an: „Wir gelten als Betrüger und sind doch wahrhaftig; wir werden verkannt und doch anerkannt; wir sind wie Sterbende, und seht: wir leben; wir werden gezüchtigt und doch nicht getötet; uns wird Leid zugefügt, und doch sind wir jederzeit fröhlich; wir sind arm und machen doch viele reich; wir haben nichts und haben doch alles.“ (2. Kor. 6, 8-10) Zwar werden wir in unserem Dienst von Gott „doch anerkannt“, weil uns zu dieser besonderen Zeit die Erhörung verliehen ist, das Wort zu ehren und auszusprechen, wenn wir die Eucharistie konsekrieren, ferner wenn wir uns auch in der Buße üben. Unsere Umwelt wird uns jedoch nicht anerkennen – sie will uns stets als Betrüger ausweisen, weil viele darauf besonnen sind, wie unserem HErrn aufzulauern und nachzustellen.
In der Fastenzeit leben wir wie Sterbende, weil uns der Tod Christi in der Taufe belebt hat. Die Demut ist in dieser Zeit unsere Stärke, weil kein Büßer der Gnade wert ist, wenn er sich selber rechtfertigt! Und wenn wir uns in dieser Armut der Selbstleugnung dem HErrn Christus in seiner Hingabe anschließen, machen wir doch viele reich; wir haben nichts und haben doch alles. So möge auch für uns der Abschluss dieser 40-tägigen Fastenzeit siegreich sein, auf dass wir im Werk Gottes den Engeldienst erfahren, wie auch unser Erlöser in der Befolgung seines Vaters als treu ausgewiesen und bestätigt wurde: „Vor dem HErrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen. Darauf ließ der Teufel von ihm ab, und es kamen Engel und dienten ihm.“ (Mt. 4, 10f)
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