Das heilige Priestertum fasst in sich die Fülle des sakramentalen Amtes zusammen. Einerseits vervollständigt es
den neutestamentlichen Dienst (Diakonie) mit dem Mysterium des Opfers Christi, andererseits leitet es zur hingebungsvollen (kenotischen) Güte und Demut an, nämlich
die priesterliche Macht (Exousia) Jesu göttlich auszuüben.
Bereits zu seiner Amtsanbietung lernte der künftige Priester, wie man sich selbst Gott für das Amt Christi widmet.
Die Erneuerung der Lebensweihe aus der Salbung mit dem Heiligen Geist füllte die Erfahrung der Weisung Christi aus, durch Fasten und Beten den reinen Leib, samt der Seele, in
eigenem geläuterten Geist Gott zur Verfügung zu stellen. Das Herzklopfen und die Liebesbeziehung zum himmlischen Vater lässt den Amtsanwärter wieder die erste Liebe erspüren,
aus welcher die Erkenntnis Gottes oder die Umkehr zum Himmlischen geschah. Daraus entstand der diakonale Dienst (Therape), woraus jegliches Amt entstehen kann. Daselbst
diente man sowohl den Schwachen wie den Starken, nicht nur mit einem dienenden Willen, sondern mit der Absicht, in jedem Werk das Evangelium zu bezeugen. Die Verheißungen des
Höchsten werden nicht durch die Worte bestätigt – vielmehr werden sie durch die guten Werke bezeugt, welche unser Lehrer und HErr in seiner Bergpredigt gefordert hatte.
Der Diakon vermag in der Einhaltung der Weisung Jesu andere Menschen zum Glauben zu bewegen, damit alle Menschen den Vater erkennen und anbeten.
Der Kandidat des Priestertums macht aufgrund seines Diakonenamtes neue Schritte in seinem Leben. Er behält sein
Diakonenamt, um dasselbe zu vervollständigen, indem er nun das göttliche Wesen sucht. Derselbe möchte mehr schenken als die Verkündigung und die Predigt. Angetrieben vom Geist
der Heiligkeit begehrt der künftige Presbyter, Gott selbst den Mitgläubigen zu reichen, sowohl in der Mysterienfeier der allerheiligsten Eucharistie als auch in den
sakramentalen Handlungen und Gebeten. Dabei kräftigt ihn die anerkannte Berufung und die zugesprochene Erwählung – ich darf Priester des Dreieinigen werden.
Eine Ordination ist nicht nur von kirchenrechtlicher Bedeutung. Sie beinhaltet auch einen Weihevorgang, welcher
bei der sakramentalen Feier äußerlich bezeugt wird. Der innere spirituelle Weg zum heiligen Amt beginnt jedoch viel früher, damit die äußere Weihehandlung zu einem Zeugnis
werden kann. In der Tradition der Kirche nennt man diesen Vorgang – die Vergöttlichung (Theosis). Bereits die Entscheidung und die Absicht, sich in die
Weihebereitung zu begeben, wird von der Erfahrung begleitet, dass uns Menschen die Vollmacht zusteht, Gnade vor Recht in Erscheinung treten zu lassen. Es war meistens ein
Bedürfnis, der Schwachheit mit Barmherzigkeit zu begegnen. Um ein Vielfaches ist es leichter, zu verurteilen, als durch Ermahnung den Weg der Begnadigung zu bahnen. Gott kennt
die Bosheit und die Unbeständigkeit in unseren Herzen und es hindert ihn trotzdem nicht, die Menschen zu lieben. Die Menschenliebe (Philanthropie) bewegte Ihn zur
Heilstat, zum Werk der Erlösung, ohne wenn und aber, ohne Vorbehalte. Solange ein berufener Priester kein Mitgefühl mit seinen Mitglaubenden erfährt, ist er des Priestertums
nicht fähig. Denn gerade die Erfahrung, dass man einen göttlichen Zugang zum Heiland durch die schwachen Mitmenschen hat, erfüllt ein priesterliches Herz mit der Gewissheit
– im Namen Jesu zu leben und zu wirken. Gott kann man erst dann vollkommen lieben, wenn man die Nächstenliebe auf die Weise Christi erfährt – nämlich so zu lieben,
wie er uns geliebt hat. Diese Empfindung der Freundlichkeit zeigt dem Kandidaten an, dass er dem erscheinenden Wesen (Hypostasis) des allmächtigen Gottes näher gekommen
ist, zwar noch nicht vergöttlicht, aber doch mit einer Vorahnung begnadet.
Die Erfahrung der Gnade und die Freude darüber, dass Gott mit den Menschen wirkt, beinhaltet leider kein Wissen,
keine Gewissheit, sondern weckt eher eine Unruhe in unseren Herzen. Was darf man, was kann man machen, oder – was tue ich? Gott ist treu und liebt das Recht. Bin ich Ihm
treu, wenn ich so handle? Die Spannung zwischen dem haushälterischen (ökonomischen) Umgang mit den göttlichen Geboten zu dem Respekt und der Beachtung derselben
(Akribie) wächst zusehends. Unser Vorbild ist unser Meister, der sich während seines irdischen Werkes häufig zurückzog, um zu beten. Manchmal stellt das Gebet die
Zwiesprache mit Gott dar, aber nicht immer, denn Gott will zu allererst angebetet werden.
Bereits zur Zeit Jesu war ein liturgisches Jahr selbstverständlich. Man betete am Fest der Tempelweihe nich das,
was vor oder während Pessach gebetet wurde. Dieser Gebetsart folgte jedes Gebet. Die liturgischen Jahre unterscheiden sich von der weltlichen Zeitrechnung, indem sie das Jahr
periodisch zusammenhalten. Bereits im Buch des Predigers ist die Rede von Zeiten der Freude und der Trauer, des Feierns und des Fastens. Die 8 Perioden unseres Kirchenjahres
lassen uns im Wochenrhythmus das ganze Jahr erfahren.
Der erste Wochentag verbindet uns mit der neuen Haushaltung der Auferstehung und stellt die Ruhe der Vollendung
dar – morgens feiern wir den Advent und lesen Mahnendes aus den heiligen Schriften der Bibel, denn der Advent kennzeichnet die Erscheinung des in Herrlichkeit kommenden
Messias (Parousie); tagsüber bewegt uns die pfingstliche Haushaltung der Vollendung (Eschaton). Am Montag wird der fleischgewordene Emanuel betrachtet. Dienstags
feiern wir das Geheimnis des Wirkens Jesu, was die Zeit nach der Beschneidung unseres Heilandes beinhaltet. In der Wochenmitte wird das Eingreifen Gottes in der Heilsgeschichte
verinnerlicht, sowohl durch die Betrachtung als auch durch die freiwillige Enthaltsamkeit. Am Donnerstag nehmen wir die Mahnungen eines liebenden Erlösers wahr, der uns in das
himmlische Jerusalem führt, zur Hochzeit unserer Gottähnlichkeit. Der Wochentag des Leidens und Todes des HErrn bewegt uns jeden Freitag, an welchem wir mit Bußfertigkeit den
Zugang zu unserem Gott suchen. Schließlich kommt der siebte Tag, an welchem unser Bildner ruhte – der ursprüngliche Ruhetag.
Als die Schriftgelehrten Jesum vorwarfen, dass die Apostel die Schabbatruhe brechen, wenn sie Weizenähren zupften,
erwiderte der HErr, dass jeder dienende Priester die Schabbatruhe nach der Weisung Gottes breche. Somit stellte er den Aposteldienst dem priesterlichen Werk gleich. Die
priesterliche Haushaltung des neuen Testamentes beinhaltet an erster Stelle, die Mitgläubigen für Gott zu vervollkommnen, damit sie Gott heilig und rein werden, wie die
Opfergabe des Schabbats. Eben an diesem Tag bereitete der HErr selbst, obwohl sein Leib im Grabe ruhte, die Christgläubigen für seine Auferstehung, sowohl jene im Totenreich,
als auch uns, solange wir der sterblichen Haushaltung angehören. Folglich feiern wir dieses österliche Geheimnis in Wort und Werk, um am darauffolgenden HErrentag, am Siegestag
Christi die neue Haushaltung zu verkündigen.
Diese uralte Art der Andacht oder des Stundengebets lässt den Amtskandidaten für seine Berufung reifen – aus
der Begegnung von Geist zu Geist erwächst die Antwort auf die Fragen, wie oder was.
Den letzten Schliff bekommt der Amtskandidat durch den Austausch mit den bereits dienenden
Priestern, sei es durch die Unterweisung, sei es durch den gemeinsamen Gottesdienst. Wo genau und wann die Zurüstung des Herzens der künftigen Priester für die Amtseinsetzung
geschieht, wissen nur zwei – der Neopresbyter und der Kenner aller Herzen, unser Gott und Vater.
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