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Pastoral | Beitrag

Gedächtnisgebet

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Aus pastoraler Rücksichtnahme und zur Betreuung der Trauernden wurde das Gedächtnisgebet bei der Versammlung unseres Klerus am Pfingsten 2012 als der erste reine seelsorgerliche Dienst eingeführt. Damit wird weder die übliche Abdankung noch die hl. Gedächtniseucharistie berührt. Vielmehr ist das pastorale Anliegen, den familiären Charakter des liturgischen Dienstes trostreich anzuwenden.

Unsere Eltern, Geschwister, samt allen Blutsverwandten und Angehörigen unserer Familien prägen uns und haben uns den wesentlichen Anteil des Charakters und der Kultur verliehen. Durch sie werden wir mit den aus Gott geformten Völkern und Sprachen unzertrennlich verbunden, im Herzen auch mit der göttlichen Stiftung der Kirche Christi und mit dem HErrn Jesus.

Auch die anderen Menschen, welche unseren Lebensweg kreuzen, formen unser Verhalten mit – sie beeindrucken uns mit der Treue der Freundschaft und im Glauben mit der geschwisterlichen Liebe. Selbst die erfüllte Sehnsucht der heiligen Ehe leitet uns an, durch Kinder und Kindeskinder jene Gnade zu betrachten, welche die zuverlässigste aller Partnerschaften uns vermittelt – Liebe und Barmherzigkeit.

Wenn jemand der oben Erwähnten durch den Tod aus unserem Leben gerissen wird, trauern wir. Sodann plagen uns nicht die Glaubenszweifel, sondern der verwaiste Halt in unserem gottgeweihten sterblichen Leben. Wir sehnen uns nach Trost, nicht nach einem Ersatz. Wie die Trauernden vermißt auch der Entschlafene seine Lieben. Denn wir trugen und tragen uns gegenseitig im Herzen jener Liebe, die keine Stofflichkeit besitzt, in der Seele, in dem göttlichen Odem nämlich, wo der göttliche Sinn den Geist und Leib eint. Diese Liebesbeziehung ist das Band der Freundlichkeit Christi und der Barmherzigkeit des Höchsten, wo die Lebenden und die Verstorbenen bei seinem göttlichen Wesen im Guten das erhabene und ewige Bündnis erfahren, im Heiligen Geist.

 

I. Der Lichtdienst oder das Luzernarium

Indem wir unsere Gebetsversammlung mit den Lichtern unseres Glaubens eröffnen, bekunden wir, dass wir zu keiner einfachen Kommemoration eines entschlafenen Sterblichen zusammengekommen sind. Die Lichtfeier drückt vor Gottes und unserem Antlitz aus, dass wir zu einem außereucharistischen Dienst gekommen sind, zum Gebetsdienst unserer Liturgie und zur Anbetung im Glauben.

Wie wir zu Hause oder an der Grabstätte das Kerzenlicht zur Erinnerung an jene anzünden, die uns lieb und teuer sind, stellen wir im Zugang zum Altar 8 Leuchten auf, das älteste Sinnbild der Auferstehung des 8. Wochentags, des Ostertags unseres Glaubens, und im Zeitratschluss unseres Heils – des ewigen Lebens. Die erste Leuchte brennt von Anfang an – sie ist der grelle Blitz der Gottheit des Dreieinigen. In der Auferstehung unseres Heilands erleuchtet uns nämlich das unerschaffene Licht, das unzerstörbare Leben, in welchem wir Gott anbeten. Heilig nannte er sich durch die Propheten und Heilig ist er in all seinem Werk.

Zum Anzünden der übrigen 7 Leuchten betrachten wir einige Verse aus der Weissagung des Propheten Jesaja. Wir lesen sie aus dem 40. Kapitel seines Buches, des christlichen Urevangeliums vor, und zur Auslegung des Prophetenwortes sprechen wir die Gedächtnisbitten – dabei zünden wir die übrigen Lichter mit dem Osterfeuer an.

Zum Siegespreis der ersten und der zweiten Erscheinung Gottes gehören jene, welche im Voraus daran geglaubt haben. Unser Glaube steht auf zwei Beinen, sowohl auf den Schriften des alten als auch des neuen Testamentes, sowohl auf der Vorhersage als auch auf der Zeugenaussage, sowohl auf gläubigem Vertrauen als auch auf der Erfüllung der Hoffnung. In seinem Tod bezwang Jesus den Tod, er riss die Gräber auf und bescherte uns das Leben. Das Leben seines Lebens ist göttlich, so dass er als das Leben unseres Lebens das Licht unserer Einheit ist. Er ist der Heilige, der uns im Geheimnis seiner Heiligkeit zu einer Gemeinschaft aller Heiligen zusammenschweißt. So ist die Fülle der Vollzahl der Heiligen dreifach, wie unser Gott – in sich einigt sie die vor uns Geborenen, die zur Stunde im sterblichen Leib Lebenden und jene, welche nach dem Ratschluss Gottes noch geboren werden. So bitten wir unseren Bildner, unser aller zu gedenken in seinem Reich, damit wir durch die Stärkung des Glaubens unseren Lebenslauf mit dem Sieg vollenden, im Lobpreis Christi, welcher den Tod durch den Tod seines sterblichen Leibes für uns alle überwunden hat.

Noch am Kreuz empfahl der Sterbende den Händen seines Vaters den Geist an, auf dass er den Geist des Lammes unseres Heils in die Arme nehme. So wurde der Sohn Gottes trotz seiner ewigen Zeugung und der Wesenseinheit mit seinem Vater für kurze Zeit unter die Engel erniedrigt, zur „Hölle“ herab, zum Reich des Todes, um im Geist seiner Gottheit das Evangelium zu predigen (1. Pt. 4, 5) – „Denn auch Toten ist das Evangelium dazu verkündet worden, dass sie wie Menschen gerichtet werden im Fleisch, aber wie Gott das Leben haben im Geist.“ In Christo haben die Seelen seiner Zeugen die Aufnahme erfahren – die Gläubigen seines Namens sind im Ort des Lichtes und der Erquickung aufgehoben, geborgen in Ihm wie in der Heiligen Stätte, im Altar der Engelwelt (Off. 6, 9), begnadet mit der Lebensgabe bis zur Vollendung der Auferstehung ebenso, wie Jesus mit der Herrlichkeit (doxa) der Auferstehung und mit der Ehre (timé) der leiblichen Himmelfahrt bis zum göttlichen Thron den höchsten Bereich, außerhalb von Raum und Zeit, den dritten Himmel betreten hat – „Den, der nur für kurze Zeit unter die Engel erniedrigt war, Jesus, ihn sehen wir um seines Todesleidens willen mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt; es war nämlich Gottes gnädiger Wille, daß er für alle den Tod erlitt.“ (Hebr. 2, 9)

Bereits an seinem Kreuz begnadete Christus den Verbrecher, der ihn bat: „Gedenke meiner in Deinem Reich.“, und der HErr verhieß ihm die Erhörung im Himmelreich (Lk. 23, 43). Als der Gerechte für die Ungerechten starb, nahm er sich der Geister allen Fleisches an, um jene, die ihn darum bitten und daran glauben, auf dem Arm seiner Gottheit, durch die Wirklichkeit vom Paradies eines ewigen Reiches, zur Auferstehung der Gerechten zu bringen.

 

II. Gebetsdienst und die Anbetung

Als unser Schöpfer uns die erkennbare irdische Gestalt der Menschennatur gab, blies er uns den Odem des Lebens ein, aus seinem Mund in unseren Mund hinein. Selbst die Leibesfrucht Mariens, welche wir im Glauben innig preisen, hauchte der Geist des Sohnes an, um mit seiner Seele den Leib mit dem Geist des Erlösers zu einen. Es ist der eine Christus, nicht zwei, unvermischt und ungetrennt, der Geborene in der Zeit UND in der Ewigkeit, welchem wir als Ebenbild nachgestaltet unsere Verehrung widmen. Die Himmel neigten sich, es krümmte sich das ganze All, um den Sklaven zu befreien, und der Hauch des Lebens erlöste uns.

Nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren“ (Joh. 1, 13) sind wir Kinder Gottes. Obwohl wir ein Hauch des Windes sind, wie das Gras, welches verwelkt, so hauchte uns der vollendete Geist unseres Heils an und, wie mit einem heiligen Bruderkuss, erneuerte uns Christus in der Wiedergeburt, damit wir als Kinder Gottes angenommen werden. Uns ist er zum Bruder in allem geworden, außer der Sünde, damit wir aus der Sündenlosigkeit seiner reinen Natur die Kraft haben, in jedem Ungemach des sterblichen Lebens zu bestehen. Denn alles kostete er im sterblichen Fleisch, Armut und Kummer, Schwachheit und Schutzlosigkeit, Spott und Verrat, unsre Krankheiten trug er und starb für uns, damit wir die göttliche Kraft besitzen und nicht mehr sterben. So atmen wir in der Todesstunde die Seele mit dem heiligen Friedenskuss unseres Erlösers in seinen Mund aus, woher sie im Geheimnis des Heils zu uns kam. In diesem Friedensgruß sind die Seelen des unsterblichen Lebensodems, wie im Zeichen des Propheten Jonas, im erlösenden Fisch – nicht verschluckt, sondern ebenso geborgen (vgl. Off. 3, 16), wie wir als Gotteskinder vor der Welt im Völkermeer verborgen sind. Daselbst werden die Seelen solange aufgehoben, bis der herrliche Tag anbricht, der Hochzeitstag, wenn sich der Sieger über dem Staube erheben wird (Hiob. 19, 25), der Bräutigam, der seine Braut erneut küssen wird, um der neuen Gestalt einer vollendeten Menschheit durch die Rückgabe der Seele die Verwandlung des Fleisches zu spenden.

Nach diesen Gedanken im Lied nach dem Glaubensbekenntnis begeben wir uns in das Gebet nach prophetischem Vorbild. Einige Propheten haben uns von ihrer Begegnung mit Gott eine Zeugenaussage gemacht – sie sahen Gott den HErrn auf einem erhabenen und hohen Thron. Die Kunde davon erreichte uns in der Bibel, welche wir die Heilige Schrift nennen. Heilig ist sie, weil sie seine Heiligkeit bezeugt; sie ist heilig, weil sie unserem Herzen den Heiligen offenbart. Uns überzeugen weder die beängstigenden Vorstellungen vom Fegefeuer, noch die Gedanken eines Seelenheils, das fern von der greifbaren Wirklichkeit in Gott ist, sondern das Zeugnis der Zeugen – sie haben Gottes Herrlichkeit gesehen. Die Gestalt ihres Leibes, in welchem Geist und Seele verhüllt sind, erfuhr durch das Erlebnis der Erscheinung Gottes eine Weihe, welche den Himmeln entspricht, und sie zu einem geweihten Fleisch macht. Bereits die Hoffnung auf die Erscheinung des HErrn heiligt, wie der Erschienene der Heilige ist (1. Joh. 3, 3), dessen Licht am Berg Tabor in unseren Herzen einen abendlosen Tag seines Reiches aufgehen ließ, der schon da ist, und noch kommt, die Tagesstunde des Lebens, in welcher die Toten die Stimme des Sohnes Gottes vernehmen (Joh. 5, 25), sowie die Stunde unserer Anbetung (Joh. 4, 23) des prophetischen Herzensgebets im Geist, um selbst die Fleischesweihe für Gott zu erlangen.

So nahm Jesus drei Jünger zum Berg seiner Verklärung mit, um die zuvor ausgesprochene Verheißung zu erfüllen: „Amen, ich sage euch: Von denen, die hier stehen, werden einige den Tod nicht erleiden, bis sie den Menschensohn in seiner königlichen Macht kommen sehen.“ (Mt. 16, 28) Und sie sahen das Licht der Herrlichkeit in der Verklärung Jesu im sterblichen Fleisch (Mt. 17, 2-3), sowie die Erscheinung eines Entschlafenen (Judas 9) und eines in die Himmel Entrückten (2. Kön. 11, 11). Darin erblicken wir die Aufnahme der dreieinigen Haushaltung (Mt. 17, 4) unseres Wesens in das Geheimnis des dreieinigen Gottes, wo das geweihte sterbliche Fleisch, samt der unsterblichen Seele und dem ewigen Geist, bei der Wiederkunft Christi auch jene Verheißung der Gottesschau erfüllt sehen soll, die er vor seinem Tod erbat: „Vater, ich will, daß alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, weil du mich schon geliebt hast vor der Erschaffung der Welt.“ (Joh. 17, 24) Deshalb bitten wir um die Erhörung seines hohenpriesterlichen Gebets, dass wir jene Welt betreten, die unerschaffen ist, außerhalb von Raum und Zeit – das Himmelszelt. Denn wir sollen Gott so sehen, wie er ist (1. Joh. 3, 2).

Gott, dem Schöpfer aller, gebührt die Verherrlichung (doxa), unseren Eltern die Ehre (time) – beides sind Begriffe jener zweifachen Ehrung, welche dem Sieger unsrer Erlösung zukommen. Sowohl die Geister der Engelwelt als auch die Geister der Menschenwelt einigt Christus in beiden Naturen seines Wesens (hypostasis), denn weder sind die Engel nach uns, noch wir ihnen nachgestaltet – alle entsprechen der unvergleichbaren Gestalt Gottes. Der Heilige in unserer Mitte, im Herzen der Engel und der Menschen, ist nicht uns, sondern wir Ihm ähnlich – denn seine Existenz ist unser Leben. Wie wir in unserem sterblichen Sein sowohl aus Gott als auch aus unseren Eltern entstanden sind, so betrachten wir Jesus als die Entstehung sowohl des Lebens als auch des erfüllten Lebens (Joh. 10, 10). In ihm erkennen wir den Vater (Joh. 14, 9), in welchem wir als Wiedergeborene gezeugt sind, und verehren zugleich seinen Gott, indem wir die Gottheit des Vaters ebenso unteilbar glauben, wie die Unzertrennbarkeit der beiden Naturen des einen Christus. Der Auferstehungsleib Jesu drückt diese Fülle der Wesenheit eines vollendeten Geistes aus und bezeugt zugleich, dass die Vollendeten (Hebr. 12, 23) nach seiner Gestalt, wie die Engel in ihrer Erscheinung (Gen. 16, 7-11; Gen. 18, 1ff; Dan. 14, 36; Dan. 10, 16-21; Lk. 1, 26-38; uvm.), nicht körperlos sind – „sie können auch nicht mehr sterben, weil sie den Engeln gleich und durch die Auferstehung zu Söhnen Gottes geworden sind.“ (Lk. 20, 35)

Das Heiligtum der Himmel und der Dienst der Kirche werden durch die Gabe des Trösters, des Heiligen Geistes, ebenso geeint, wie der Vater mit dem Sohn in demselben der Eine ist, welchen wir als Gott anbeten. Diese vollendete Einheit aller Kreatur, welche die Botschaft des Lebens verkündet, nimmt die Gestalt Gottes an – die Botschaft ist der Bote und der Bote die Botschaft – wie das ewige Wort Gottes die Wahrheit ist (Joh. 14, 6). In diesem Geheimnis werden wir heraufgeführt, jeder beim Namen genannt – die vollendete Danksagung wird unsere Gebete abschließen, wenn der abendlose Tag anbrechen und wir im Leben der Fülle Gott verherrlichen werden.

 

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