Von der Anbetung im Geist wird oft gesprochen, vor allem auf der Grundlage des Wortes Jesu im hl.
Johannesevangelium (Joh. 4, 23 - 24). Die Anbeter sollen sich im Geiste Gott nahen, dem Geist des Höchsten. Mit der geistlichen (pneumatischen) Anbetung verbinden
viele eine vergeistlichte Verehrung. Betrachten wir mal den geistlichen Begriff aus dem Munde Christi. Er stellt seine Weisung zu einem nicht materiellen Opferdienst in
Beziehung zum göttlichen Wesen. Die angesprochene Seinsaussage ist auch der Aussage „Gott ist die Liebe“ ähnlich. Die Begriffe über das göttliche Wesen sind wirklich
vielfältig, so dass man sie immer, bei jeder Schriftauslegung, im Sinn haben sollte.
Wenn man von der Erscheinung Gottes spricht, meint man immer eine Wahrnehmung der göttlichen Herrlichkeit in Raum
und Zeit. Hierbei wollen wir beachten, dass Gott im Kern seines Wesens (ousia) nie den höchsten Himmel seines Seins, den unerschaffenen Bereich außerhalb von Raum und
Zeit verlässt. Das Grundverständnis des „Ich-bin-der-ich-bin“ (JHWH) beinhaltet eine allumfassende Größe des Ewigen. Ihn vermögen weder die Myriaden von Engeln
noch das ganze All oder der Kosmos in seiner nahezu endlosen Räumlichkeit und Zeitlichkeit zu umgeben. Vielmehr ist alles, wovon wir im sichtbaren und unsichtbaren Bereich
reden, von der Allgegenwart seines göttlichen Wesens umfangen. Die überdimensionale Existenz Gottes bedeutet zugleich dessen Anfangs- und Endlosigkeit. Das, was wir von Gott
örtlich zu vernehmen vermögen, wird mit dem Begriff seiner Herrlichkeit verbunden, hebräisch Qawod und griechisch Doxa genannt. In der Bibel wird sie häufig als Wolke
wiedergegeben, welche uns einem Wagen ähnlich Gott näher bringt. Einerseits stellt der Dunst des feuchten Nebels die unsichtbare Art der göttlichen Nähe, anderseits eine eigene
Wesenheit dar, welche der unterexistenziellen Seinsweise (hypostasis) gleichgestellt wird. Denn nach einigen neutestamentlichen Aussagen, aber auch in unserer prophetischen
Erfahrung, ist die Wolke zugleich die mit Christo in Erscheinung tretende Gemeinschaft der Vollendeten oder seiner Heiligen. Dieses hypostatische Verständnis Gottes, seines
ewigen Volkes und der Versammlung der Ausgerufenen oder der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche ist mit einer Zukunftsaussage verbunden. Wir betrachten dabei
etwas Vollendetes, nämlich die letztdingliche Erscheinung, die man Eschaton nennt. Dann wird auch Gott in seiner Dreifaltigkeit als Vater, Sohn und Heiliger Geist
erscheinen.
Die monotheistische Grundlage unseres Glaubens versteht Gott in dessen wesentlichen Einigkeit. Es gibt nur einen
Gott, dessen Einheit der Atem des Lebens ausmacht, der Heilige Geist. Die urkirchliche Lehre über Gott und über den Heiligen Geist (die Pneumatologie – die
pneumatologische Lehre) wird in den apostolischen Schriften besonders beachtet. Sie findet ihre Quelle in der Wahrnehmung und im Verständnis der Auferstehung Jesu. Der
Auferstandene ist ein vollendeter Geist, nicht der Gottheit, sondern seiner Menschheit nach. Da man in der Zweinaturenlehre beides untrennbar und unvermischt versteht,
unterscheidet man zwischen dem fleischgewordenen und dem ewigen Gottessohn. Der fleischgewordene Gesalbte gilt laut dem Hebräerbrief als Abglanz der Herrlichkeit Gottes des
Vaters (des Charakters seiner Hypostase), als das Licht des ersten Schöpfungstages. Der ewige Sohn ist in seiner Erscheinung eines Wesens (homoousia) mit dem Vater
– der Geist des Sohnes existiert nicht neben dem Geist des Vaters. Es ist der eine Geist der Gottheit, der Heilige Geist, in welchem der ewige Vater und der ewige Sohn als
der eine Gott bekannt und geglaubt wird. Die Gabe unseres Heils, welche im Sakrament der hl. Taufe vermittelt wird, macht uns zu Gott nahen Wesen. Wir partizipieren oder nehmen
daselbst Teil am Geist der Sohnschaft (in adoptiver Weise – hyothesia genannt), denn in unser ganzes Wesen und in unsere Herzen wird – der Urflut gleich
– der Heilige Geist eingegossen, das Geschenk des ewigen Lebens.
Wenn wir nun beide Wahrnehmungen Gottes als Seinsweisen verstehen, sind wir fähig, unsere
geistliche Teilnahme an Gott und in der Anbetung Gottes zu erahnen. Jesus leitet uns in der geistlichen Anbetung zu einem unteilbaren Akt an. Wie man nämlich nach biblischem
Gebot Gott mit ganzem Herzen und vom ganzen Wesen lieben soll, so sollen wir den Höchsten nicht nur mit unserem Geist, sondern vom ganzen Wesen, also auch mit Leib und Seele
verehren. Der vollkommene Ausdruck dieser Anbetung ist folglich in der Liturgie zu finden. Die Liturgie ist immer ein Ausdruck der Gemeinschaft in der Nahung zu Gott. In der
privaten Andacht stellt der liturgische Akt eine göttliche Gebetskette dar, die im Heiligen Geist untrennbar ist. Im öffentlichen Gottesdienst der Kirche stellt der liturgische
Akt unsere Anbindung an Christum dar, welcher als der Hohenpriester unserer Anbetung bezeugt ist. Unsere Gemeinsamkeit in Worten und Liedern, sowie die Körperhaltung, die
geistlichen Werke und der Gemeinschaftssinn entsprechen somit der Weisung unseres Heilands und sind der vollkommene Zugang zu Gott. Auf diese Weise beten wir Gott im Geiste an
und bringen im Priestertum Jesu vollendete geistliche Opfer dar.
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