Diese Frage brauchen wir für uns nicht zu stellen. Unser Glaubensbekenntnis geht ebenfalls dieser Frage nicht nach – was wir wissen, ist für uns
kein Gegenstand des Glaubens. Denn Gott ist erschienen, als er im sichtbaren Zeichen der Wolken- und Feuersäule das ganze Volk Israel aus dem Sklavenhaus Ägyptens trockenen
Fußes durch den Meeresgrund herausführte. Gott ist inmitten der Ältesten dieses Volkes an der Anhöhe erschienen, sichtbarlich wahrnehmbar für alle Augen im Tal; in dieser
Erscheinung lernte das Volk Gottes die Ehrfucht vor dem Höchsten, und unter dem Eindruck der Gottesfurcht schlossen sie in der Wüste bei ihrem Auszug ein heiliges Bündnis mit
Gott. Im Glaubensbekenntnis bringen wir zum Ausdruck, dass wir ihrem Zeugnis Vertrauen schenken – ihr Zeugnis nennen wir redlich und echt, weil auch wir selber eine
Gotteserfahrung gemacht haben, welche ihr Zeugnis bestätigt. Selbst für die Zweifler ist es unvorstellbar, dass ein ganzes Volk mit Absicht ein Lügenzeugnis durch Jahrtausende
tragen oder ertragen würde. Diese kurzgefasste Aussage ist Bestandteil der ethnischen (Ethnie – griechischer Begriff, als Wort bedeutet es
„Volk“, soll aber als Völkerkunde verstanden werden) Grundlehre (Fundamentaltheologie resp. Apologetik) des Glaubens, welche wir in weiteren
Beiträgen tiefer erläutern werden.
Uns erreichte auch die Kunde einzelner Gotteszeugen, welchen Gott in ihrem sterblichen Leben wahrnehmbar erschien
– von Adam über Abraham, Mose und weitere Zeugen, bis hin zu den Propheten. Diese Menschen bezeugen, nicht nur in Visionen und Träumen, sondern in ihrer Wirklichkeit eine
Gotteserfahrung gemacht zu haben. Ihre überlieferten Zeugnisse wurden in die heiligen Schriften der Bibel eingereicht und gelten deshalb als Regel (Schriftkanon), weil
sie von den an Gott Glaubenden durch das Lesen und Zuhören im Gottesdienst und durch das Lehren und Befolgen im Leben praktisch ausgeübt worden sind. Es gibt mehrere
Erfahrungsberichte und Visionen der heiligen Gottesschau, die außerhalb des Kanons auch mit historischen Nachweisen dokumentiert sind – für uns sind sie jedoch
gegenstandslos; Gottes Bündnis schließen nicht die Einzelnen mit Gott, sondern das ganze Volk. Zur Vollständigkeit des Volkes Gottes betrachten wir nicht die Vollzähligkeit
eines gegenwärtigen Geschlechtes. Am Tag, an welchem die Weisung des erschienen Gottes besiegelt worden ist, als die Segen und Flüche im Umgang mit den göttlichen Geboten
verkündet wurden, galten die Anwesenden als die Ausgerufenen (hebräisch Kachal, griechisch Ekklesia) des ganzen Volkes, eines ewigen Israels; als Leibes- und
Glaubensfrucht ihrer Mütter und Väter vergegenwärtigten sie die gesamte Vorgeneration, und als Träger der Verheißung und der leiblichen Anlage ihrer Kinder und Kindeskinder
vergegenwärtigten sie auch das nächste und das sog. künftige Geschlecht, nämlich die Gemeinschaft mit Vätern und Müttern – auch mit ihren Nachkommen in der vollendeten
Gestalt des Reiches Gottes. Ihr „Amen“ bestätigt die einzelnen Seher mitsamt ihren Zeugnissen und reiht dieselben ein in die Tradition des ewigen Volkes, welche dadurch
zum völkischen Zeugnis werden – zur Regel der Heiligen Schrift. Den historischen Tag dieser Versammlung nennt man biblisch den „Kirchentag“ (siehe
letzte Kapitel des 5. Buches Moses).
Dieses Volk nannte Gott aufgrund seiner Gotteserfahrung und Wahrnehmung Vater, unser Vater, (Abba, Awinu)
und König, unser König (Melech, Melkenu) nicht nur wegen der göttlichen Nachgestaltung bei der Entstehung der Menschen, sondern wegen der göttlichen Fürsorge für sein
Volk. Gott ist erschienen, um seinem Volk sowohl die Verheißung als auch die Erfüllung derselben zu gewähren, indem sein Volk durch die Werke Gottes des Lebendigen erlöst und
geheilt wurde – einem Geschlecht der Könige und Priester wert geachtet, um wie Gotteskinder mit ihrem Vater und Herrscher nicht nur die Zeit (die Äonen oder Ewe resp.
Ewigkeiten – hebr. LeOlam) sondern auch das immerwährende Sein der einen Ewigkeit zu teilen. Das alte Testament und Bündnis beinhaltet sowohl die Erfahrung Gottes als
auch die Verheißung der Vollendung. Sie bezeugen ihre Wahrnehmung Gottes auf zweifacher Erscheinung: in wirklichen Ereignissen vor ihren physischen Augen einerseits, als auch
vor den Augen des Glaubens ihrer Herzen in der geistlichen Erscheinung der göttlichen Allgegenwart. Die geistliche Erscheinung sollte man an dieser Stelle nicht mit den Visionen
verwechseln, welche in ihrer Gestalt dem Menschengeist sich zuwenden. Der Prophet Jeremija (Klage 4, 20) faßt dies in einem Satz zusammen, wie es auch die 70 Rabbiner ins
Griechische übertrugen (pneuma prosópo himôn christós kyríos) – der Geist vor unserem Angesicht ist Christus (Messias, der Gesalbte) der HErr
(urtextlich JHWH – nämlich Ruach apenu mešijah JHWH).
Dieses altestamentliche Glaubensbekenntnis als zusammenfassender Glaubenssatz wurde in der Geburt Jesu als der
Erscheinung des Messias (Christophania) Wirklichkeit. Ihn verkündeten die Engel, ihn sahen die Menschen, durch Wort und Werk erfuhren die Volksscharen, dass Christus der
verheißene Emanuel ist und sie feierten ihn als den König. Somit ist nicht mehr die Trinität unseres Gottes für uns ein Glaubensbekenntnis, sondern – aufgrund der Aussage
seiner Zeugen und unserer Gotteserfahrung in der Mysterienfeier (liturgischer Gottesdienst) – die Gestalt des Dreieinigen, bis zu seiner herrlichen Erscheinung und
Wiederkunft, wo wir (die Vollzahl oder Summa aller Getauften, d.h. Kirche und die Gemeinschaft aller Heiligen) die Vollendung eines erfüllten und unvergänglichen Lebens
des neuen abendlosen Tages erleben und Gott so erfahren werden, wie er ist. Das Glaubensbekenntnis der Christen aller Zeiten drückt dies aus und beinhaltet den Glauben an Gott,
den Dreieinigen, an den Erlöser, seinen Sohn Jesus Christus, und an die Vollendeten, nämlich an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche. Sicherlich sind auch die
zur Stunde mit uns lebenden Mitchristen die sichtbaren Angehörigen der heiligen Kirche und werden als Kirche so verstanden, wie wir uns verstehen. Diese in der Zeit in
Erscheinung tretende Gemeinschaft (Communio sanctorum) ist nicht der Gegenstand unseres Glaubensbekenntnisses – die Sichtbaren sollen als ein Zeugnis einer noch
unsichtbaren und in der göttlichen Wirklichkeit doch vollendeten Gemeinschaft sein, der wahren Kirche unseres HErrn und Gottes Jesu Christi.
Durch seine Hingabe schloss unser göttlicher Erlöser im eigenen Bundesblut das neue und unvergängliche Bündnis
– welches er bestätigte in der Erscheinung seines heiligen Auferstehungsleibes und besiegelte durch die Entsendung des Heiligen Geistes, welcher auf die Kirche aller
Zeiten herabkam, als die Urkirche an einem Ort im Glauben und Auftrag heimgesucht wurde, um dem nächsten, auch dem heutigen Geschlecht Zeugnis und Lehre zu reichen. Den Geist
des Vaters und des Sohnes empfingen sie für uns, wie auch wir denselben empfangen, um sie nicht nur zu verstehen, sondern um mit ihnen ebenso göttlich verbunden zu werden, wie
mit denjenigen, die nach dem weisen Ratschluss Gottes noch geboren und getauft werden sollen. Was wir einst verstehen werden, wenn wir Gott schauen werden, ist nun auch unser
Glaubenszeugnis – Keiner kann sagen: Jesus ist der HErr! (Kyrios = JHWH), wenn er nicht aus dem Heiligen Geist redet. (1. Kor. 12,
3b)
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