Jede biblische Aussage beherbergt in sich eine prophetische Vorhersage. In der Auslegung derselben ist es jedoch
nicht üblich, die Vorhersagen der Hl. Schrift konkreter zu umschreiben, wenn die Deutung außerhalb des Gottesdienstes stattfindet und nicht als Auslegung eines konkreten
prophetischen Wortes der Weissagung (WdW) verfasst wird. An dieser Stelle kann somit eine zeitlose Exegese erfolgen, denn die konkrete Deutung für unsere Zeit gewährt uns
der Heilige Geist nur durch das lebendige Prophetenwort.
Wir haben diese Woche gelernt, dass der Prophet keinerlei Wunder oder Zeichen begehrt – dies wurde hier
umfangreich beschrieben. Auch Jesaja verlangt kein Zeichen. Gott aber setzt und kündigt die Zeichen an. Das erste Zeichen soll das Zeichen an der Sonne sein. Die Sonne ist ein
Symbol für das göttliche Wesen, somit für die Fleischwerdung Christi. Daher heißt es, dass die Jungfrau einen Sohn gebären wird, unseren HErrn, den Emmanuel. Es ist selbst in
der biblischen Tradition äußerst befremdend, von der Verbindung der menschlichen und der göttlichen Natur (Physis) zu sprechen. Die Annahme unserer erschaffenen Natur in
Gott führt uns zu einer konkreteren, persönlichen Erkenntnis Gottes – Jesus kostet hingegen unsere Schwächen, sowohl leiblich in Schmerz und Pein, als auch seelisch in der
Erfahrung des Spotts und Verrats und geistlich in der Einsamkeit der Todesstunde. Die apokalyptische Zeichenhaftigkeit an der Sonne hat auch in der Gerichtsstunde eine erlösende
(soteriologische) Bedeutung. Es handelt sich keineswegs um eine Sonnenkatastrophe, sondern um das „grausige Dunkel“ der Todesstunde, welches Christus
zu unserer Erlösung erfuhr. Heute mag ihn die Gottlosigkeit des Unglaubens mancher Getauften betrüben...
Das Zeichen am Mond ist prophetischen Charakters – die Propheten, sowohl Jesaja und seine Söhne, als auch
jene, welche das Amt der unverdienten Gnade (das Amtscharisma) empfangen haben, werden im Zeitratschluß zum sakramentalen Werk Gottes gebraucht, um in den sichtbaren
Zeichen die unsichtbare Gnade auszuüben. Die Liebe unseres Vaters erfuhren wir in seiner Annahme unserer Menschlichkeit, damit wir in der heiligen Eucharistie seiner Gottheit
teilhaftig werden. Daselbst wird unsere Menschenkraft geschwächt, denn die Vernunft vermag es nicht, das allerheiligste Sakrament zu erklären – wir werden jedoch gestärkt,
indem wir die Erfahrung machen, dass in Jesu die Gottheit zum Weinstock und wir als die Miterben des Reiches zur Rebe wurden. Unsere Frucht, der Wein, dient dem Heil aller
Völker.
Das Zeichen an den Sternen ist mit dem Gottesvolk verbunden. Sowohl in der göttlichen Lektion
im HErrentagsdienst, als auch in der Epistel begegnet uns eine Hinwendung zu den Völkern. Sie mögen am Heilszeichen des ewigen und vollendeten Geschlechts lernen, oder an
demselben Anstoß nehmen, wie manche an Jesu Christo Anstoß nahmen. Unser Glaube aber ist das Licht, welches so wie unser Gott leuchtet, damit keiner falle, sondern jeder Mensch
guten Willens den Weg zur Liebe unseres Heiligen Vaters und Gottes findet, um mit uns im Gotteslob geeint die kommende Stunde des Heils zu erfahren, zur eigenen
unaussprechlichen Freude.
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