Allzu selbstverständlich wird angenommen, daß dort, wo äußerlich eine formgerechte Weihe ins Bischofs- und Engelamt gefeiert wurde, dieses besondere Amt
unseres Hohenpriesters, des Hirten und Bischofs unserer Seelen, auch gespendet wurde. Zur gottgefälligen und gültigen Einsetzung in das höhere Amt der Kirche zählt wesentlich
mehr, als ein Weiheritus!
1. Aufrichtung
Bevor unser himmlischer Vater seinen Sohn in unsere Welt entsandt hatte, bekundete er im Zeugnis des Heiligen
Geistes durch die Propheten Israels, speziell durch den Propheten Jesaja in der Verheißung vom Gottesknecht (pais tou theou = Knabe Gottes), daß er die Gestalt seines
Sohnes im Werk der Schöpfung vorgebildet, also erschaffen hat.
Deshalb wird seit Uranbeginn der Kirche, als das bischöfliche Amt vom Heiland eingesetzt wurde, von einer
Amtskreation gesprochen. Bereits das Muster der Liturgie der Engelweihe beinhaltet die göttliche Lesung über die Berufung der Künstler zum heiligen Bau der Stiftshütte.
Schatten-bildlich betrachten wir in der Aufrichtung des Zeltes des Heiligtums in der Wüste die göttliche Absicht, das Licht des himmlischen Heiligtums in der Gemeinschaft aller
Getauften aufzurichten – in der Kirche eines wirksamen Gottes, unseres Vaters. Obwohl Moses typologisch (schattenbildlich) Christum vorschattete, der das Haus
Gottes erbauen und herrlich (mit der Zierde der Geistesgaben) ausschmücken sollte, bedarf es zur Erbauung der Kirche Jesu, wie zum Bau des Wüstenheiligtums
„künstlerisch“ Begabte. Ihre Gabe besteht nicht nur aus der Amtsgnade, sonst hätte Mose eigenhändig alle Einrichtungen hergestellt. Gott begnadete in seiner Vorsehung mit
der Kunstbegabung andere, die am Bau beteiligt wurden, genau so wie wir einen Bischof im Amt des Hohenpriesters betrachten, sein konkretes Wirken jedoch in einer kollegialen
Gemeinschaft des höheren Amtes begehren, wo es mehrere begnadete Engel und Bischöfe gibt, die durch die unterschiedlichen Begabungen den herrlichen Bau vervollkommnen. Um
folglich ein heiliges Amt sakramental bezeugen zu können, bedarf es der göttlichen Stiftung einer jeden konkreten Begabung für die Erbauung des Leibes Christi. Dabei geht es
nicht nur um das bischöfliche Amt selbst, sondern vor allem um den Amtsauftrag. Mit anderen Worten, zu einem Amt und Auftrag, welche nicht vorhanden sind, kann sich weder
jemand gerufen fühlen noch dazu berufen werden.
Die hohe Amtsstufe an sich beinhaltet zwar einen biblisch bezeugten, allgemeinen Amtsauftrag – dieser genügt
jedoch nicht, um eine heilige ordentliche Weihe zu feiern. Die altkirchliche Bezeichnung „Engelamt“ bezeugt die Einzigartigkeit jedes einzelnen, geweihten Trägers dieses
Amtsauftrags, sowohl in der eigenen Stellung, als auch in der besonderen Sendung desselben, was mit dem konkreten Amtsauftrag zu verstehen ist. Wo folglich der Sendungsauftrag
im Voraus unklar ist, kommt das heilige Weiheamt nicht zustande.
Die Besonderheit des bischöflichen Amtes, im Gegensatz zu anderen Amtsstufen, liegt gerade darin, daß jegliches
Dienen und Amten der Kirche von der Rechtmäßigkeit des Episkopats abhängig ist. Um einen Diakon oder einen Priester ordinieren zu können, braucht es einen Bischof, welcher diese
Ämter in Christo, dem HErrn, kraft seines besonderen Auftrags integriert, damit die unteren Dienste sich „nicht vergeblich mühen“ (siehe die Liturgie). Dabei ist es
unerheblich, ob der bischöfliche Auftrag ortskirchlich, allgemeinkirchlich oder missionarisch ist – ohne den Auftrag Jesu im Bischofsamt gibt es weder Gemeinde
(Kirche) noch irgendwelches Amt.
Dem bislang Gesagten widerspricht es nicht, wenn durch das Zeugnis Jesu, d.h. durch den Geist der Weissagung
(od. der prophetischen betrachtenden Äußerung), eine neue Aufrichtung des bischöflichen Amtes konkretisiert werden möchte. Wo der Amtsauftrag im Heiligen Geist als
göttliche Aussendung erkannt wird, oder wo bereits eine ernstzunehmende Amtstradition mit göttlichem Segen vorhanden ist oder war, dort kann sich jemand zum höheren Amt gerufen
und aufgefordert fühlen.
2. Eignung
Die Empfindung des göttlichen Zurufs bildet keine Grundlage der Eignung zum Bischofsamt. Jene, die wahrhaftig
einen Zuruf erfahren haben, bemühen sich, die niedrigsten Dienste in der Kirche zu ergreifen. Dort fallen sie als Bewährte auf, als solche, die sich in geringerer Stellung durch
Ausdauer, Treue und Vorbildlichkeit bewähren. Solche lieben Gott durch ihre Nächsten, welchen sie aufrichtig dienen; ja, sie lieben die Mutter Kirche dort, wo sie sind –
treu dem Glauben und ihrem Bekenntnis.
Die Eignung der Anwärter des Amtes der göttlichen Herrlichkeit offenbart sich in der Fähigkeit, die Kirche in
ihrer göttlichen Einheit zu erkennen, auch dort, wo konfessionelle Schwächen das heilige christliche Zeugnis schmälern. Sie tragen in sich die Aufmerksamkeit, den Glauben auch
beim Schwachen zu finden, und die Schwäche zur Kräftigung hinzuleiten. Auch wenn sie zu Vollkommenem nicht fähig sein mögen, soll ihr Vorsatz der Güte unseren gütigen Gott
bekunden, indem sie mit ihrer Zurückhaltung vor Vorurteilen und Verurteilungen ihre eigene besondere Amtstauglichkeit bezeugen.
Zur Eignung zum höheren Amt, und um sich dafür anbieten zu können, gehört auch das Werk des Kostens oder
„Vorkostens“ desselben – die Amtsanwärter werden von Gott auch so geführt, indem sie bei der Assistenz dem höheren Amt, oder, wo solches nicht vorhanden ist,
selbständig daselbst schmecken, was eine besondere amtliche Verantwortung mit sich bringt und erfahren, inwieweit sie gewachsen sind, um vom höheren Amt nicht überfordert zu
werden. Erst diese rein persönliche Erfahrung der anderen mit ihnen, oder der Anwärter mit sich selbst, läßt die Amtsberufung aus Gott konkreter werden. Wer dies nicht gekostet
hat und von niemandem dazu bemerkt worden ist, soll sich zum höheren Amt nicht anbieten. Eine Anbietung Ungeeigneter für das höhere Amt ist kraftlos und
weihehinderlich.
3. Anbietung zum höheren Amt
Wenn den Zugerufenen durch andere, die von dem heiligen Ruf derselben überzeugt sind, sowie von Weiteren oder
einer dritten Person, welche prophetisch qualifiziert ist (ausgewiesener Prophet oder ein Angehöriger des höheren Amtes), namentlich das Amt zugesprochen wurde oder sie
dazu berufen worden sind, kann hinterher erst dann von einer Berufung die Rede sein, wenn solche, die dem Weihedienst ordentlicherweise vorstehen können, die Berufung
anerkennen. Ab diesem Zeitpunkt gelten die Berufenen als Kandidaten des höheren Amtes. In der Regel soll dies, wenn möglich, im vierfachen Amt geschehen.
Die Anerkennung einer Berufung ist jedoch kein kurzfristiges Ereignis. Denn viele sind berufen, sagt der HErr,
wenige aber auserwählt. Somit geht einer Auserwählung die geeignete Unterweisung voraus. Es können nur solche Amtskandidaten erwählt werden, welche in der konkreten Belehrung zu
unterscheiden vermögen, wann das Menschliche und wann das Göttliche die im Glauben Geisterfüllten erbaut, da sie nach ihrer Erwählung und Weihe nicht den einfachen Lehrern
gleich unterweisen sollen, sondern so, wie der Geist Gottes es erwirkt.
Wenn die Qualifikation der Amtskandidaten erkennbar ist, und sie des höheren Amtes fähig und kraft der
nachgewiesenen Berufung würdig sind, können dieselben zur Wahl vorgeschlagen werden. Ihre Kandidatur vertreten andere, nicht sie selbst – denn nicht jener ist empfohlen,
der sich selbst empfiehlt (2. Kor. 10, 18).
4. Erwählung
Der konkreten Erwählung geht die endgültige Festlegung der Fähigkeit und Würdigkeit für das höhere Amt voraus.
Diese Wahl ist der erste konkrete Schritt in der Entstehung (Genese) des höheren Amtes. Wenn dieselbe schriftlich beurkundet worden ist, gilt sie als unwiderruflich, es
sei denn, die Zeugnisse der Eignung, oder der Berufung und der Fähigkeit und Würdigkeit wären durch absichtliche Irreführung verfälscht worden.
Die Wahlurkunde beruft sich auf die amtliche Aufrichtung, die göttliche Berufung, und enthält alle Daten, welche
den Erwählten unzweideutig identifizieren. So Erwählte werden vor ihrer Weihe in einem besonderen Gottesdienst fürbittend Gott empfohlen und haben Anspruch, in absehbarer Zeit
zur Weihe dargestellt zu werden. Ihnen steht die Bezeichnung der Erwählten zum konkreten höheren Amt (z. B. erwählter Engel oder Bischof) zu, und zu ihren Lebzeiten, ohne
ausdrücklichen Amtsverzicht, auch das betreffende höhere Amt.
5. Zeugnis
Spätestens am Weihetag selbst, oder am Tag zuvor, soll nach dem Lobpreis Gottes der Prophet oder eine entsprechend
qualifizierte Amtsperson mündlich bei dem rechtmäßig Weihenden die heilige Weihe beantragen. Dem Antrag müssen die Wahlurkunde durch die Vorlesung derselben, und die eventuellen
Fähigkeits- und Würdigkeitszeugnisse hinzugefügt werden. Erst danach können die Darsteller die Aufforderung zur heiligen Weihe aussprechen.
Die Amtsentstehung (Amtsgenese) wird sodann durch das Amtszeugnis und Glaubensbekenntnis des Gewählten
bekräftigt und durch die anschließenden Gelübde abgeschlossen. Zum Abschluß dieses wichtigen Aktes in der Entstehung eines konkreten und persönlichen Amtsauftrags folgt die
Einkleidung (Investitur). Nicht nur das Darreichen der bischöflichen Gewänder, sondern die Gelübde selbst gelten als ein Akt der Einkleidung.
In der übereinstimmenden Überlieferung der gesamten Kirche Christi sind wir mitsamt dem Weihenden lediglich Zeugen
des Werkes Gottes, unseres Heiligen Vaters, der allein die Menschen segnen und weihen kann – deshalb wird vielerorts, auch bei uns, der Friedensgruß samt dem Bruderkuß mit
dem Wunsch erweitert: „Der HErr gedenke deiner in seinem Reich!“
6. Widmung
Die in den HErrn Jesus neugekleidete Person macht sodann den ersten Schritt im höheren Amt. Sie tritt zum Altar,
um ein öffentliches Sündenbekenntnis abzulegen. Die Absolution wird nicht nur vom apostolisch befugten Weihenden ausgesprochen, sondern gar von allen Anwesenden im biblischen
prophetischen Spruch oder Lied bezeugt (vergleichbar mit Würdigkeits- oder Axiosrufen in der kirchlichen Tradition). Das heilige Zeugnis der Engel umfaßt alle, welche an
die Verheißung Jesu (Lk. 20, 36) vom heiligen, den Engeln gleichen Stand als Söhne Gottes glauben. Und sie alle werden im anschließenden Dienst mit göttlicher Lesung,
Psalm und Gebet gemeinsam den Widmungsdienst, bei welchem sich der Erwählte durch das Niederfallen auch äußerlich hingibt, vollenden.
Noch vor dem Weihedienst wird mancherorts unmittelbar nach der Widmung, und manchmal gar öffentlich, eine
Unterschrift unter das Zeugnis, das Gelöbnis und das Glaubensbekenntnis verlangt – als Unterpfand des Weihedienstes. Dieses Zeugnis unseres christlichen und heiligen
Glaubens ist in der ganzen Kirche seit dem 1. Konzil von Nikäa üblich und selbstverständlich und gilt als Voraussetzung für jeden Weihedienst.
7. Heilige Weihe
Ohne im einzelnen hier den Weihedienst zu beschreiben, welcher auf der Grundlage der Verkündigung des Wortes
Gottes (aus Evangelium und übrigen geistgewirkten biblischen Zeugnissen) und des Gebets geschieht, um Gott bei der heiligen Weihe im heiligen Zeugnis zu assistieren, sei
zuvor vermerkt – zur Rechtmäßigkeit der Weihe darf keines der bisherigen Elemente fehlen, und doch stellt der Weihedienst immer noch keinen Abschluß der heiligen Weihe
dar. Derselbe ist ein weiterer Schritt des heiligen Weiheamtes auf dem Vollendungsweg, um Christus in seiner vollendeten Gestalt darzustellen! Wie die Vorbereitung auf die Stunde
der heiligen Weihe, ebenso ist auch die Annahme (Ergreifung) der göttlichen Amtsgnade in der Amtseinführung ein Bestandteil der Wohlgefälligkeit und Rechtmäßigkeit dieses
so grundlegenden höheren Amtes.
8. „Weiheoktav“
Aaron zog sich nach der Heiligen Salbung samt seinen Söhnen in den Dienst des Heiligtums der Stiftshütte zurück,
um am 8. Tag mit dem herrlichem Weiheabschluß den göttlichen Segen zu erlangen; unser Hohenpriester Jesus Christus wurde, um uns fürbittend mit dem Weihrauch unserer Gebete beim
Vater zu vertreten, in das wahre Heiligtum der Himmel bis zur Wiederkunft in der eigenen Herrlichkeit erhoben – ebenso werden die rechtmäßigen höheren Geistlichen in die
Anbetung Gottes mit hohenpriesterlicher Fürbitte eingebunden. Während die römischkatholischen Geistlichen das Stundengebet privat verrichten, werden die anglikanischen
Geistlichen zur täglichen Durchführung des Tageslobes (zum gemeinsamen Morgen- und Abendlob mit Gläubigen) unterwiesen; die Orientalischen und Orthodoxen zu besonderen
Morgen-, Abend- und weiteren außereucharistischen Diensten verpflichtet. Ebenso werden die Geistlichen der Reformation (z.B. Luther, Zwingli und Calvin) zu Gottesdiensten
ohne Abendmahl mit Psalmen, Lesungen und Gebeten zusätzlich zu Abendmahlsfeiern angewiesen. Sie alle erfüllen das, was bei uns selbstverständlich ist, bis zum Kommen Christi die
obligatorische und beständige Anbetung Gottes zu halten. Dort, wo die Gebetspflicht weder vorhanden noch ausgeübt wird, besteht das heilige Amt nicht einmal im
Ansatz.
9. Sendungsauftrag und Amtseinführung
Erst nach der Einbindung in die örtliche und konkrete Anbetung Gottes kann ein Ortsbischof seinen Bischofsstuhl,
der Engel der Gemeinde seinen Thron und die anderen ihren eigenen Aussendungsauftrag übernehmen. Mit der besonderen Auftragsübertragung betrachten wir den amtlichen Weiheakt als
abgeschlossen und den Geweihten im Ratschluß Gottes auf dem Vollendungsweg der Kirche Jesu eingebunden.
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