Am Freitag in dieser Woche werden die prophetischen Gedanken unserer Betrachtung,
die uns am 2. Sonntag nach Beschneidung im Gebet angeleitet hatten, so herrlich mit dem Prophetenwort abgeschlossen: „An jenem Tag wird der HErr der Heere für den Rest
seines Volkes zu einer herrlichen Krone und einem prächtigen Kranz; er verleiht dem, der zu Gericht sitzt, den Geist des Rechts und gibt denen Kraft, die den Feind zum Stadttor
hinausdrängen.“ (Jes. 28, 5f)
Den Augen unsrer Herzen bietet
sich ein anderes Bild Christi. Statt der Dornenkrone, ziert der helle Siegeskranz sein Haupt. Dieser Siegeskranz ist herrlich, wahrhaft eine Krone des Lichts. In der
kirchlichen Malerei wurden Bilder aus dem Glauben hervorgebracht, welche Jesus als den König darstellen. Vor allem prägt diese Ikonenart die orientalischen Kirchen. Diese
Darstellungen nennen sie fast nie „König Christus“, wie uns die Bezeichnung der königlichen Ehre des Sohnes Gottes in der abendländischen Christenheit geläufig ist.
Vielmehr sprechen sie vom „Christos Pantokrator“, von Christus, dem Allherrscher. Anstatt einer Krone, wie man sie auf den Köpfen der Könige kennt, schmückt der
sogenannte Heilige Schein sein Haupt, das unerschaffene Licht der Ewigkeit, resp. der herrliche Glanz Gottes des Vaters. Von daher, kennen wir in der Ikonnendarstellung ganz
selbstverständlich den „Heiligenschein“. Es ist meistens ein Ring oder heller Kreis, welcher um das Haupt eines für Gott heiligen Menschen gemalt wird. Auch wenn
wir heute einem Heiligen begegnen würden, so wäre dieser heilige Schein des ewigen Lichtes nicht wahrnehmbar. Denn Gott ist der Heilige, der Geist der Heiligkeit, der sich im
Werk unseres Trostes und Trösters erfahren lässt, und wir nennen ihn – Heiliger Geist.
Den Heiligen Geist zu erkennen, bedeutet nicht, die Charismen oder die besonderen
Begabungen zu erkennen. Die Geistesgaben werden nämlich mit den Sterblichen verbunden, und beim Tod der Begabten entschwindet die Wahrnehmung der Begabung – nicht einmal
die leiblichen Kinder der Propheten können die Gaben ihrer Eltern erben! So ist es auch mit dem verwelkten Schmuck. Als Christen können wir der Heiligen der vergangenen Tage
gedenken – doch ein Heiligenkult vermag es nicht, uns zu schmücken oder auszuweisen. Deshalb sagt der Prophet: „Weh der stolzen Krone der betrunkenen Efraimiter,
ihrem verwelkten Kranz von prächtigen Blumen, auf dem Gipfel über dem fruchtbaren Tal derer, die der Wein überwältigt hat. Seht, der HErr schickt einen gewaltigen Helden: Wie
ein Hagelschlag, wie ein verheerender Sturm, wie ein Wolkenbruch mit seinen mächtigen Fluten wirft er alles mit Macht zu Boden.“ (Jes. 28, 1f)
Wie die Prophetenschüler am Charisma des Propheten während dessen Leben und gar
über dessen Tod hinaus teilhaben, haben wir an der Auferstehung und am Leben Christi Anteil bekommen. Es sind nicht bloß die Geistesgaben des Ewigen, sondern viel mehr der
Heilige selbst! Als sein Leib sind wir kraft unserer Vollendung in ihm beständig heilig geworden, als die Heiligen des Heiligen. Diese unsere Heiligkeit betrachten wir nicht in
den Ikonen und Bildern unseres Glaubens. Dieselbe wahrhaftige Heiligkeit ist zu einer sakramentalen oder geheimnisvollen Wirklichkeit geworden, zum Priestertum eines ewigen
Bundes. Wenn wir Christen uns am eucharistischen Tisch dem himmlischen Altar nahen, um vom Opfer des Neuen Bundes zu essen und zu trinken, üben wir unser Priestertum aus.
Gesetzlich oder nach der Weisung Moses dürfen nur die Priester am dargebrachten Opfer teilhaben. Nun ist diese biblische Norm zwar vollendet, jedoch nicht aufgehoben.
Als allgemeine Priester sollen wir ernährt, und nicht den Tieren gleich abgespeist
werden. So lehren es die Kirchenväter, und die Kirche schreibt es seit dem Altertum vor: Jeder von uns soll an dem Heiligen der Heiligen mit seinen eigenen Händen
teilnehmen. Die Rechte legen wir in die Handfläche der Linken, um einen Gottesthron zu bilden. Wenn wir so das Abendmahl unserer Erlösung empfangen haben, den
Allherscher in die eigene Hand, genießen wir, uns vorbeugend und kaum die Hände erhebend, die Speise der Engel, nämlich den Leib Christi als das priesterliche Brot der Himmel,
damit wir in ihm so bleiben, wie er in uns. Ebenso nehmen wir mit Ehrfurcht den Kelch des Neuen und ewigen Bundes, um durch das Blut des Opfers von Golgatha unser eigenes Blut
zu heiligen, und dadurch auch unser ganzes Wesen. Sein Blut soll mit unserem Blut zu einem Fluss werden, in welchem unser Leib samt der Seele und dem Geist gewaschen und zur
makellosen Reinheit geheiligt wird, damit wir Jesus Christus, in welchem sich Gott und Vater offenbarte, auf die dreifache Weise wert sind zu empfangen, wie seelisch im
Sakrament, so auch geistlich im Heiligen Geist und leiblich in der Erfüllung aller Verheißungen.
Die Sakramente werden durch besondere Priester bereitet und gefeiert. So verwundert
es nicht, dass die neutestamentliche Perikope der Lesung vor dem HErrn gerade von jener apostolischen Schrift (1. Kor. 12, 18-31) entnommen ist, auf welcher die gesamte
Lehre über das Heilige Amt in der ganzen Christenheit ruht. Dort lesen wir die theologischen Grundlagen des Amtes: „Ihr aber seid der Leib Christi, und jeder einzelne ist
ein Glied an ihm. So hat Gott in der Kirche die einen als Apostel eingesetzt, die andern als Propheten, die dritten als Lehrer.“ Darunter verstehen wir, dass
alles, was der HErr den Aposteln anvertraute und dieselben nach der Ordnung Gottes (Ordination) weiterreichten, im Bischofs- und Engelamt apostolisch verwaltet wird. Die
Gnadengabe der Propheten wird den Priestern in ihrer Einsetzung gereicht, damit sie, dem Elija gleich, das Opfer verwalten, welches Gott angenehm und annehmbar ist. Als Lehrer
versteht die Kirche jene Begnadeten, in deren Mund der Heilige Geist das Geheimnis Christi legt, damit sie Jesus Christus aussprechen. Als die göttlichen Diener kraft ihres
Diakonats sprechen sie Jesus von Nazaret aus, damit derselbe unter uns sei, gegenwärtig im Geist und im Wort ihres Mundes.
Nicht als letzter Überrest möchten wir verstanden werden,
sondern als die wahrnehmbaren Zeugen Gottes zu dieser gegenwärtigen Zeit. In mancherlei Gedanken und Vorstellung wirken wir wie ein Rest des Brotes von gestern. Der Schein trügt
jedoch. Wir bekennen uns zum Sakrament der unteilbaren Kirche und kraft dieses Glaubens gehören wir dazu, – nicht als Sauerteig. Eher hoffen wir, als Vorteig des
Sakramentes verstanden zu werden, aus welchem durch unsere Hingabe und durch einen beständigen Dienst der Anbetung unsere Mutter, die Kirche, herrlich und erneuert gesehen wird
– die eine, heilige, katholische und apostolische Gemeinschaft aller, die dem Heiligen heilig sind.
|